Seltsame Dinge

Die schwedische Autorin Åsa Foster erlaubt in ihren zehn Kurzgeschichten, die alle in der südschwedischen Region Schonen handeln, wo die Autorin kreatives Schreiben studiert hat, einen Einblick in den Alltag von ganz gewöhnlichen Menschen, denen doch Seltsames widerfährt. Die Settings sind teilweise so alltäglich, die Figurentypen so wohlbekannt, dass man fürchtet, es könnte langweilig oder stereotyp werden, doch das passiert nie. Themen, die behandelt werden, sind Mutterschaft, die Monotonie von Langzeitbeziehungen, die Einsamkeit neuer Zugezogener, finanzielle Krisen und immer wieder die Liebe. Mal ist das amüsant, mal bedrückend, dann überraschen Bekenntnisse, die den Schein, dass alle anderen die Herausforderungen des Alltags so souverän meistern, antasten. Einfach gut zu lesen! Hoffentlich gibt es bald Lesenachschub von Åsa Foster. Dem Vernehmen nach arbeitet sie gerade an einem Roman.

Åsa Foster: Und außerdem machen die Leute heutzutage so seltsame Dinge. Aus dem Schwed. von Ursel Allenstein und Stefan Pluschkat. 222 Seiten, Arche Verlag, Zürich-Hamburg 2017EUR 20,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2017

Briefe von Astrid

Lindgren_BriefwechselUnzählige Briefe erhielt Astrid Lindgren im Lauf der Jahre von ihren Fans. Und alle wurden sie beantwortet. Anfangs von der Autorin selbst, später, als die Flut von Briefen unüberschaubar wurde, von einer Assistentin. Lena Törnqvist arbeitete intensiv mit den vielen im Nachlass erhaltenen Briefen und entdeckte dabei, dass es zwischen Lindgren und dem Mädchen Sara einen über Jahrzehnte dauernden Briefwechsel gab. Phasenweise in kurzen Abständen, dann wieder mit vielen Jahren dazwischen gab es einen Austausch zwischen den beiden. Als Sara zum ersten Mal schreibt, ist sie zwölf Jahre alt. Sie will – auch angeregt von den Pippi-Verfilmungen – Schauspielerin werden. Der angebeteten Autorin Lindgren schreibt sie einen großschnäuzigen Brief, in dem sie sich über die KinderdarstellerInnen der Lindgrenfilme auslässt. Lindgren antwortet sachlich, aber streng und gibt zu bedenken, ob eine solche Form der Kritik gerechtfertigt ist. Diese erste Antwort ist der einzige Brief, der nicht erhalten ist, weil Sara ihn aus Scham vernichtet hat. Doch sie schreibt wieder und findet eine Freundin und Unterstützerin in Lindgren, die ihrerseits schnell erkennt, dass Sara Probleme hat, die weit über das Maß üblicher Pubertätsschwierigkeiten hinausgehen. Sie wird eine Art heimliche Vertraute, die aus der Perspektive der um 50 Jahre Älteren versucht, manche Dinge zu relativieren, die Mut macht, die Schule weiterzumachen und die klare Worte findet, wenn Sara zum Beispiel berichtet geschlagen worden zu sein. So lernen wir Astrid Lindgren in einer ganz anderen Rolle kennen, nicht nur als Autorin, die sich in fiktiven Geschichten mit schwierigen Kindheitsthemen auseinandersetzt, sondern als eine Art Fern-Sozialarbeiterin, die einen Ton anschlägt, der auch 40 Jahre später noch nicht altbacken klingt.

Astrid Lindgren und Sara Schwardt: Deine Briefe lege ich unter die Matratze. Ein Briefwechsel 1971-2002. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. 237 Seiten, Oetinger, Hamburg 2015  EUR  20,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Der nächste Sommer kommt bestimmt

vonsoden_strandgutManche fliegen zu Weihnachten ans Meer, viele sehnen sich einstweilen noch danach. Das Lesebuch „Strandgut“ kann diese Sehnsucht für ein paar kuschelige Stunden überwinden helfen – oder verstärken, vor allem dann, wenn es nicht unbedingt ein Meer mit Palmenstrand sein muss. Die Autorin Kristine von Soden, die von Kindheit an ihre Ferien am liebsten an Nord- oder Ostsee verbrachte, entführt in kurzen Kapiteln, die eine Mischung aus Stimmungsbildern, naturkundlichen oder geschichtlichen Informationshappen, anekdotenhaften Beobachtungen und literarischen Schnippseln sind, zu Themen wie: Möwen, Bademode, Dünen, Strandkorb, Wolken und FKK. Und Wind: „Küstensüchtige … können gar nicht genug von seinen Böen bekommen, die die Haare durcheinander wirbeln, Sorgen und Nöte wegpusten, die Haut streicheln oder frottieren.“ Glücklich, welche nicht bis zum nächsten Sommer warten muss!

Kristine von Soden: Strandgut. Warum das Meer blau ist, der Bikini nie baden ging und alle Möwen Emma heißen. 119 Seiten, edition ebersbach, Berlin 2012

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2012