Hänsel und Gretel

helle_wenndumagstAlle, die schon mal in Dänemark waren, fragen sich wahrscheinlich, ob man sich in dänischen Wäldern tatsächlich verirren kann. Man kann, zumindest im Roman. Die bekannte Autorin Helle Helle schickt in ihrem neuesten Buch Roar und eine namenlose Frau jeweils für sich joggend in den Wald. Es ist Oktober und düster, bald wird es dunkel. Beide finden den Weg nach Hause nicht mehr, doch sie treffen einander und verbringen eine abenteuerliche Nacht im Wald. Dort ist es unheimlich und doch auch wieder nicht. Verlaufen haben sich beide auch in ihren Leben, wie wir in Rückblenden erfahren. Es kommt ein neuer Morgen und nach langem Suchen und vielen Magenkrämpfen finden sie zumindest einen Außenposten der Zivilisation, eine Art Hexenhaus im Wald, es gibt zu essen, aber Hexe lässt sich keine blicken und so auch keine reale Gefahr, die sie überwinden könnten, um befreit zu werden. Also gibt es auch keinen Weg nach Hause. Die Geschichte endet im Ungewissen.

Helle Helle: Wenn du magst. Aus dem Dän. von Flora Fink. 192 Seiten, Dörlemann, Zürich 2016 EUR 20,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2016

Terror in Schweden

ljungber_dunkelheit1940, Nordschweden. Ein Terroranschlag auf eine kommunistische Zeitungsredaktion erschüttert die Stadt Luleå. Im Herbst 1939 greift Russland Finnland an, das sich im darauf folgenden sog. Winterkrieg überraschend lange gegen den übermächtigen Gegner behaupten kann. Im Nachbarland Schweden versucht die Regierung mit allen Mitteln den neutralen Status aufrecht zu erhalten. Im Süden droht Deutschland, im Osten Russland, und aus Westen über Norwegen versucht Großbritannien ins schwedische Norrland vorzudringen, denn dort gibt es enorme Eisenerzreserven. Die Neutralitätspolitik gefällt nicht allen. Vor allem der Kommunismus wird als Bedrohung gesehen. In Luleå bildet sich eine Gruppe um einen rechts-konservativen Journalisten und den zuständigen Staatsanwalt, die in der kommunistischen Zeitung Norrskensflamman (dt. Nordlichtflamme) eine so große Bedrohung sehen, dass sie einen Sprengstoffanschlag auf die Druckerpressen der Zeitung planen und ausführen. Dabei sterben fünf BewohnerInnen des Hauses, das völlig zerstört wird. Ann-Marie Ljungberg hat sich diesen Stoff durch gründliche Recherchen angeeignet und versucht in Form eines Dokumentarromans aufzuzeigen, wie es zu diesem Anschlag kam, wie sich die beteiligten Männer radikalisierten. Auf Grundlage der Aufzeichnungen aus dem Gerichtsverfahren gegen die Täter rekonstruiert die Autorin die Monate vor dem Anschlag und die Gerichtsverhandlung in wechselnden Vor- und Rückblenden. „Lassen Sie uns doch ein Komitee bilden“, ist jener lakonische Satz, der unumkehrbar den Schritt von Unzufriedenheit zu Unrecht markiert. Sehr lesenswert!

Ann-Marie Ljungberg: Dunkelheit, bleib bei mir. Aus dem Schwed. von Eva Scharenberg. 208 Seiten, Weidle, Bonn 2016 EUR 23,20

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2016

Trauer essen Leben auf

Skomsvold_33Kjersti A. Skomsvold gilt in Norwegen als junges Talent am Buchmarkt, wo sie mit Lyrik und Prosa gleichermaßen reüssiert. In ihrem neuen Roman „33“ spricht die Mathematikerin K. über ihr Leben und ihre Suche nach der Liebe, ihren Kinderwunsch, eine dubiose Krankheit, ihr Festsitzen im Lehrberuf und den Wunsch zu schreiben. Sie liebt den Franzosen Ferdinand, der aber tot ist und dennoch mit ihr spricht. Sie liebt auch den Iren Samuel, der aber weit weg und nicht greifbar ist. Und sie spricht mit einem und über ein Kind, von dem man oft nicht sicher ist, ob es schon geboren wurde. Sie macht sich Gedanken. Wie soll sie es aushalten, auch noch Angst um ein Kind zu haben, wo doch schon die Angst selber zu sterben so groß ist. K. hängt fest, in ihrer Trauer um Ferdinand, in ihrem Job. Sie würde so gerne leben, weiß aber nicht, wie das gehen soll. Doch dann wird sie gesund und schön langsam bewegt sich etwas.

Mal wie ein innerer Monolog gehalten, mal in traumhaften Sequenzen mit surrealistischen Einsprengseln ist der Stil von Skomsvold besonders und verlangt sehr aufmerksames Lesen. Doch es lohnt sich, einzutauchen in dieses intensive Buch.

Kjersti A. Skomsvold: 33. Aus dem Norw. von Ursel Allenstein. 142 Seiten, Hoffmann und Campe, Hamburg 2015     EUR 20,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2016

Ein Schriftstellerinnenleben

Wassmo_SchrittfürSchrittIn jeder Ausgabe des WeiberDiwan gibt es ein Lieblingsbuch für mich: diesmal ist es „Schritt für Schritt“ der Norwegerin Herbjørg Wassmo. Wie konnte mir diese Autorin nur all die Jahre entgehen! Nicht nur in Norwegen, sondern auch im deutschsprachigen Raum ist sie mit ihrer Trilogie über Tora, ein sog. Deutschenkind, bekannt geworden, in der sie ein nationales Tabu, nämlich den unsäglichen Umgang Norwegens mit Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs Beziehungen zu Deutschen eingingen, und den daraus hervorgegangen Kindern literarisch aufarbeitet.

In „Schritt für Schritt“ wird es in der Schilderung des Lebenswegs und Werdens einer Autorin vor dem Hintergrund der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sehr persönlich. Eine bekommt Gänsehaut bei dieser direkten und ehrlichen Art, in der die heute 73-jährige Autorin Privates, das wie hier eindrücklich in Erinnerung gerufen wird ungeheuer politisch ist, erzählt. Themen wie Kindesmissbrauch, Teenager-Schwangerschaft, Bedingungen einer Ehe, die Beziehung zu einem Alkoholiker, politisches Engagement trotz anderer Erwartungen der Gesellschaft an eine Mutter und ein unbändiger Wille zum Schreiben werden angesprochen, wobei eine solch trockene Aufzählung dem Erzählten in keinster Weise gerecht werden kann. Denn es sind der innere Drang der Hauptfigur, der eigene Ton und auch die Kulisse einer oft sehr kargen und harten Natur, die eine nicht mehr loslassen und hineinziehen in diese Roman. Ein mutiges und ermutigendes Buch für einen fixen Platz im Regal der frauenbewegten Literatur.

 

Herbjørg Wassmo: Schritt für Schritt. Aus dem Norw. von Gabriele Haefs. 349 Seiten, Argument Verlag Ariadne, Hamburg 2016    EUR 19,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2016

Vilhelm Moberg aktuell

Moberg2Ich habe heute einen Post auf Instagram zu Vilhelm Mobergs Auswanderer-Tetralogie geschrieben. Der wurde etwas lang, denn so viel gäbe es dazu zu schreiben. Ich habe die ungefähr 2000 Seiten vor zwei Jahren im Urlaub in Småland verschlungen, in der Gegend also, von wo die Gruppe, deren Leben man in den Romanen begleitet, nach Amerika aufbrach. Das Werk ist nicht nur ein großartiges Zeugnis dieser einschneidenden Epoche in Schwedens Geschichte – immerhin verließen zwischen ca. 1850 und 1920 1,5 Millionen Menschen Schweden vor allem Richtung USA – sondern beweist seine Zeitlosigkeit gerade jetzt, wo Immigration in Europa ein so dominantes Thema ist. Viele der Emotionen, die Moberg schildert, sind heute wie damals ähnlich: Ungewissheit, Angst, Heimweh… Bei Menschen, die flüchten mussten, ist die Intensität dieser Gefühle noch stärker und es kommen Traumatisierungen hinzu.

Die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter brachte vor kurzem eine interessante Reportage mit dem Titel Sverigebreven (dt. Die Schwedenbriefe) über die Ähnlichkeiten zwischen den Briefen, die vor 100 Jahren die EmigrantInnen an die in Schweden Zurückgebliebenen schrieben, und den Botschaften, die Flüchtlinge, die heute in Schweden gestrandet sind, in ihre Herkunftsländer schicken, selten als Brief, dafür als E-Mail, SMS oder Videobotschaft.

Die auffälligste Gemeinsamkeit ist das Bestreben, das Erlebte in abgemilderter, ja beschönigender Form darzustellen. Die Motive dahinter sind vielfältig. Einerseits versuchen viele jüngere Leute, die etwa ihre Eltern zurückgelassen haben, ihre Erlebnisse als weniger dramatisch darzustellen, damit sich die Zurückgebliebnen weniger Sorgen machen. Andererseits ist es aber auch so – und das wird in der literarischen Form bei Moberg so gut nachvollziehbar – dass die Menschen sich oft erst selbst damit auseinandersetzen müssen, dass vieles so viel schlechter geht als erwartet. Bei Moberg ist das etwa eine wochenlange Überfahrt auf Segelschiffen, mit Stürmen, Seekrankheit, Ungeziefer, Beengtheit und dem Tod von Mitreisenden. Aber auch nach der Ankunft in der neuen Welt dauert es oft Jahre, bis wieder der Lebensstandard von vor der Emigration erreicht ist. Wenn das überhaupt gelingt. In den Berichten nach Hause klingt das anders. Auch wenn heute eine Flüchtlingsfamilie nach Hause mailt, dass Schweden ganz wunderbar und man in einem Hotel untergebracht sei, obwohl man im Winter in einem Zelt schlafen muss. Was unbedingt aufrecht erhalten werden muss, ist die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

 

Vilhelm Mobergs Romane heißen Utvandrarna (1949), Invandrarna (1952), Nybyggarna (1956) und Sista brevet till Sverige (1959). Auf Deutsch sind sie erschienen unter den Titeln Die Auswanderer, In der neuen Welt, Die Siedler und Der letzte Brief nach Schweden.

Seekrank in München

hallgrimur_collageDer auch im deutschsprachigen Raum bekannte isländische Autor Hallgrímur Helgason hat vor kurzem sein neues Buch „Seekrank in München“, das etwa zeitgleich in Isländisch und Deutsch erschien, auch in Wien vorgestellt, und zwar einmal an der Abteilung für Skandinavistik der Universität Wien und dann in der Buchhandlung Hartlieb. Zu seinen größten literarischen Erfolgen zählen „101 Reykjavík“, das auch verfilmt wurde, oder „Eine Frau für 1000 Grad“, das 2011 anlässlich der Frankfurter Buchmesse, wo Island Gastland war, sogar zuerst auf Deutsch herausgebracht wurde.

Helgason ist nicht nur Autor, sondern auch Maler, Übersetzer, Kabarettist und politischer Aktivist. In den frühen 1980er Jahren zog er für ein Jahr nach München, wo er an der Kunsthochschule studierte und eine für seine künstlerische Entwicklung wichtige Zeit verlebte, die aber dennoch viele negative Erinnerungen hinterließ. Als Helgason 2011 mit gemischten Gefühlen zum ersten Mal wieder nach München kam, entschloss er sich, ein autobiografisches Buch über seinen Münchenaufenthalt als Student zu schreiben. Was für ein Unterschied war es doch, als gefeierter Autor vor ausverkauftem Hause zu lesen und viele positive Rückmeldungen zu bekommen. Jungsein bezeichnet Helgason im Nachhinein als Krankheit. Der Zustand, als junger Künstler noch nicht zu wissen, wer man ist, zeigt sich im Falle der Romanfigur – die nur als „der junge Mann“ oder „Jung“ bezeichnet wird – in einer anhaltenden Übelkeit, die mit regelmäßigem Erbrechen einhergeht und die auf eine geheimnisvolle Krankheit schließen lässt. Wie in einem Kriminalroman legt der Autor so eine Spur durch den gesamten Text. Der junge Mann erbricht eine seltsame schwarze Masse, die sich noch dazu selbst entzündet. Medizinisch ist ihm nicht zu helfen und so steigert sich die Kotzerei endgültig ins Surrealistische, als er beginnt, den Auswurf in einem Bierglas zu sammeln, das er fortan immer unter seinem Mantel versteckt. Und so geht Jung durch seine Münchner Tage, auf die Uni, aufs Oktoberfest, durch Krise nach Krise und wundert sich über dies und das, was hier in Mitteleuropa gebräuchlich ist, nicht zuletzt über den reichlichen Bierkonsum, was nicht weiter verwundert, war Bier auf Island doch bis 1989 verboten.

hallgrimur_seekrankIn „Seekrank in München“ widmet sich Helgason erstmals einem autobiografischen Thema: „Fast alles ist wahr“, meint er, nur um gleich zu versichern, dass er sich natürlich nicht im Wohnzimmer seiner Vermieterin hinter dem Vorhang versteckt hat, um zu spionieren. Eine Klarstellung, von der er hofft, dass auch die Betroffene ihm glauben wird, die er kürzlich bei einer Lesung in München wiedergetroffen hat. Wie dem auch sei, ein skurriles Lesevergnügen!

Hallgrímur Helgason: Seekrank in München. Roman. Aus dem Isländischen von Karl-Ludwig Wetzig. 416 Seiten, Tropen – Klett-Cotta, Stuttgart 2015 EUR 20,50

Hintergedanken

jansson_ehrliche_betruegerinDunkel und kalt ist es in dem kleinen Ort an der finnischen Küste. Das Meer gefroren, der Schnee so hoch wie lange nicht. Am Dachboden über dem Kaufladen lebt Katri, eine Eigenbrötlerin, von vielen zugleich argwöhnisch beäugt wie auch geschätzt, denn Katri ist äußerst geschickt im Umgang mit Zahlen und versteht viel von Geschäftlichem. Da sie außerdem immer ehrlich ist, wird sie oft um Rat gebeten. Streitereien löst sie sachlich einwandfrei, zieht sich dabei aber meist den Unmut beider Parteien zu, da sie eben nicht parteiisch ist. Seit ihre Eltern tot sind, sieht Katri es als wichtigste Aufgabe, sich um ihren jüngeren Bruder zu kümmern. Sein größter Wunsch, ein eigenes Boot, liegt jedoch weit jenseits ihrer finanziellen Möglichkeiten. Im Dorf wohnt auch Aemelin, eine erfolgreiche Illustratorin von Kinderbüchern. Sie ist schon älter, wohlhabend, reichlich schrullig und zeichnet die ewig gleichen geblümten Kaninchen. Katri beginnt, Aemelin kleine Gefallen zu tun, mit dem Hintergedanken so nach und nach, aber „vollkommen ehrlich“ an ihr Geld zu kommen. Recht schnell wird die Verbindung enger, Katri zieht in Aemelins Villa, ordnet ihre gesamte Korrespondenz, verhilft ihr zu besseren Verträgen mit den Verlagen. Doch auch Aemelin hat ihre Hintergedanken und schon bald ist nicht mehr klar, wer hier von wem mehr profitiert. Ein ausgesprochen angenehmes Leseerlebnis in einem stimmungsvoll erdichteten Kosmos, Tove Jansson ganz anders und doch ganz sie selbst.

Tove Jansson: Die ehrliche Betrügerin. Roman. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. 173 Seiten, Urachhaus, Stuttgart 2015 EUR  19,50

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Reigen ins Ungewisse

kristin_sommerreigen„Sommerreigen“ heißt der neueste Roman der Isländerin Kristín Marja Baldursdóttir auf Deutsch. Sommer ist es auf Island in diesem Buch, ein ungewöhnlich warmer noch dazu. Und ein Reigen ist es, ein Reigen von Personen, Familienmitgliedern, Intrigen, Geheimnissen. Ein mysteriöser „Fremder“ – Franzose mit nordafrikanischen Wurzeln – taucht auf. Er ist Fotograf und gibt vor, einen Bildband über besondere isländische Persönlichkeiten zu planen, in dem Gylfi, der Hoteldirektor, abgebildet werden soll. Doch eigentlich ist er einem Geheimnis auf der Spur, das mit einer Fotografie zu tun hat, die Gylfi mit einer Frau in der Pariser Metro zeigt. Je mehr über Gylfi erzählt wird, desto mehr Brüche tun sich auf. Da wird jede Menge Spannung aufgebaut. Immer wieder geht es auch um die Thematik des Fremdseins und den Umgang mit „dem Fremden“ in der kleinen, geschlossenen Gesellschaft Islands, wo ganz viel ganz schnell „fremd“ ist. Einer der stärksten Erzählstränge – inhaltlich wie literarisch – ist dabei der über Senna, die nicht-weiße Adoptivtochter Gylfis. Und dann ist der Reigen zu Ende, aber hier schließt sich kein Kreis, sondern die Leserin fällt mit allen unaufgelösten Geheimnissen und Intrigen buchstäblich in einen eiskalten isländischen Fluss. Schluss, aus, ratlos.

Kristín Marja Baldursdóttir: Sommerreigen. Roman. Aus dem Isländischen von Tina Flecken. 285 Seiten, Fischer Krüger, Frankfurt/M. 2015  EUR  19,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Sex, nerds and archeology

Quasi als Nachtrag zur großen Menge an finnischen Neuerscheinungen supinen_dreianlässlich der vorjährigen Frankfurter Buchmesse erreichte mich auch noch Miina Supinens Roman „Drei ist keiner zu viel“. Zwei Erzählperspektiven wechseln einander darin ab: die in der dritten Person gehaltene Perspektive, in der wir die Archeologiestudentin Stella und ihre Sandkastenliebe und nerdigen Freund Antti begleiten und die Perspektive des älteren, wenig erfolgreichen, dafür umso lauter Sprüche klopfenden Archäeologen Victor, deren Originalität darin besteht, dass der Ich-Erzähler Victor bereits tot ist. Gewaltsam zu Tode gekommen, im Verlauf eines verrückten Sommers. Und wahrscheinlich ist das Wissen, dass Victor sterben wird, auch der Grund, warum eine es überhaupt aushält sein sexistisches, b’soffenes Junggesesellengeschwätz zu lesen. Doch Stella, die ihn als Studentin bei einer Ausgrabung in Griechenland kennenlernt, findet ihn sexuell anziehend und gönnt sich ihr Vergnügen. Ein Jahr später treffen die beiden einander in Finnland wieder. Stella lebt ungezwungen in diesem Dreiecksverhältnis, während Victor nicht ganz weiß, wie ihm geschieht und ob er nun eifersüchtig sein soll oder nicht. Aber dann kommt ihm ohnehin der Tod dazwischen und die Umstände, die dazu führen, sorgen immerhin auch für etwas Spannung. Unkonventionell.

Miina Supinen: Drei ist keiner zu viel. Roman. Aus dem Finnischen von Anke Michler-Janhunen. 299 Seiten, Suhrkamp, Berlin 2014   EUR 15,50

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2015

Eine Finnin in Prag

simukka_weissWiedersehen mit Lumikki aus „Rot wie Blut“ von Salla Simukka. Lumikki erholt sich von ihren kriminalistischen Abenteuern auf einer Reise ins sommerlich heiße Prag. Sie lässt ihre Gedanken ziehen und erinnert sich immer wieder an den letzten Sommer mit ihrer ersten großen Liebe Flamme, die nicht halten konnte, weil Flamme vom Umgang mit der eigenen Transsexualität so in Anspruch genommen war, dass für eine Beziehung kein Raum blieb.

Doch Lumikki wird aus ihren Gedanken gerissen, als sie eines Tages von einem Mädchen angesprochen wird, das behauptet, ihre Schwester zu sein. Diese Begegnung wirft sie einerseits aus der Bahn, weil immer wieder Erinnerungen an ihre frühe Kindheit auftauchen, in denen noch ein zweites Mädchen vorkommt, andererseits wird sie in dramatische Geschehnisse rund um eine ominöse Sekte hineingezogen, der die vermeintliche Schwester angehört. Recht schnell wird die Situation mehr als bedrohlich und Lumikki gerät erneut in Lebensgefahr.

Ganz reicht der Band nicht an den ersten Band heran, aber das ist auch ein typisches Phänomen beim Mittelband einer Trilogie, es werden immer noch neue Geheimnisse angedeutet, ohne die ersehnte Auflösung – es gilt also auf den abschließenden Band zu warten!

Salla Simukka: So weiß wie Schnee. Roman. Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat. 250 Seiten, Arena Verlag, Würzburg 2015     EUR 15,30

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2015